Als das Schlössli gebaut wurde, stand die Schweiz vor einem Umbruch. Es war kurz vor dem Ende des Ancien Régime. Die Kantone (13) wurden ganz unterschiedlich regiert. (durch Zünfte, Landgemeinde, Föderation oder wie im Kanton Bern durch das Patriziat.
Die Familie von Erlach war eine der massgebenden Familien in Bern. Hieronimus von Erlach hatte bereits Schloss Hindelbank und Thunstetten erbaut. Er war so wie so eine schillernde Figur seiner Zeit. Sein Sohn Albrecht Friedrich von Erlach war der Erbauer des Schlössli. Albrecht Friedrich v.E. hat das Schlössli für seinen Schreiber Niclaus Meyer erbaut. Es bestand eine private Verbindung zwischen von Erlachs und Meyers. Hieronimus v.E. war der Pate einer Tochter von Meyer.
Das Schlössli wurde 1779-1781erbaut und ist ein spätbarocker Herrenstock, unter Walmdach, mit angebauter Scheune und Obeliskbrunnen. Die Gartengestaltung der Bauzeit besteht nicht mehr. Heute ist das Schlössli im Besitz der Erbengemeinschaft Meyer.
Albrecht Friedrich von Erlach Erbauer des Schlössli Mattstetten. Von seinem Vater erbte er nebst dem Titel eines Reichsgrafen die Herrschaften zu Hindelbank, Urtenen, Bäriswil und Mattstetten.In Bern war er ab 1727 Mitglied des Grossen Rates, ab 1755 des Kleinen Rates, von 1759 bis 1786 alternierend Schultheiss.
Beschreibung
Schlössli. Wohnstock mit ehem. Herrschaftsschreiberei, erb. 1779-1781; heute Wohnhaus Hervorragender, sehr herrschaftlicher Putzbau unter geknicktem Walmdach mit feinen Lukarnen. Ausgezeichnete spätbarocke Sandsteingliederung: leicht risalitierte Mittelachsen (O- u. W-Fassaden) mit Stichbogenportal u. skulptierten Details. Im OG Stichbogenfenster. Gute Interieurs: Kachelöfen von 1781 (EG) bzw. 1793 (1.OG). Sehr qualitätvoller, gut erhaltener Ökonomieteil (Sichtrieg). Grosser Garten mit Pavillon (Nr. 15C).Vor der Strassenfassade prächtiger Kalksteinbrunnen wohl von 1780: Vierkantstock mit Pyramidenaufsatz; elegant geformtes Becken. Im N ehem. Kutschenremise (Nr. 15A). Einziger Bau dieses Typs und dieses Anspruchs in der Gemeinde; er ist sowohl historisch als auch architektonisch von grosser Bedeutung.
Grundstück 111, Koordinaten 2605978 / 1208527 Bauinventar 2006 rechtswirksam Einstufung schützenswert K-Objekt Geschützt durch RRB 0580 vom 06.02.1991
Bildungs- und Kulturdirektion Amt für KulturDenkmalpflege
Das Schlössli war neben der Schreiberei bis 1920 auch ein Gutsbetrieb. Ab 1920 wurde die Geflügelzucht immer mehr ausgebaut, sodass für den Landwirtschaftsbetrieb 1936 der Breithof gebaut wurde. Vermutlich auch im Hinblick, dass für beide Söhne je ein Betrieb zu Verfügung stand. Der Geflügelzuchtbetrieb war gleichzeitig auch die Generalvertretung der damals bekannten holländischen Econoom-Brutmaschinen. Hier im Schlössli standen 4 Brutmaschinen für je 6500 Eier .
Im Wandel der Zeiten…
Zu meiner Kinderzeit war unser Haus von einer hohen undurchdringlichen Thujahecke und hohen Fliederbüschen umgeben. Damit entstand nach aussen der Eindruck von Distanziertheit und Abgrenzung. Der Umschwung wurde perfekt gepflegt und auf Sauberkeit und Ordnung wurde höchster Wert gelegt. Man war sich des Ansehens bewusst, das man als Gutsherren in vielen Folgegenerationen mit eigenem Stammbaum besass. Mein Grossvater war stolzer Besitzer des ersten Automobils in Mattstetten. Auch was die Landwirtschaft betraf, führte er einen vorbildlichen und fortschrittlichen Betrieb. Er besass unternehmerisches Geschick und vollzog die Umwandlung des landwirtschaftlichen Betriebes in eine Hühnerfarm. In den späten siebziger Jahren musste diese leider wegen mangelnder Rendite aufgegeben werden. Die leeren Ställe wurden nun als Lagerräume vermietet oder nach und nach abgerissen.
Im Verlauf der letzten zwanzig Jahre erfolgte eine grundlegende Veränderung des Erscheinungsbildes des Schlösslis. Die meterdicke Thuja-hecke wurde entfernt, ebenso der alte Flieder entlang der Strasse. Eine 99 jährige Douglastanne wurde gefällt. Die alten Obstbäume und die alles überwuchernden Sträucher und Brombeerdornen hinter dem Haus machten einer gross-zügigen Rasenfläche Platz. Im Ökonomieteil, wo eine Antikschreinerei einzog, wurde die Heubühne zu einem öffentlichen Raum mit Bühne und Sitzplätzen. Hinter dem Haus entstand eine Kiesfläche für Veranstaltungen.
Wo man sich früher nach aussen hin abgrenzte, herrscht nun Einladung und Offenheit. Das Haus ist zu einem Ort der Begegnung geworden. Wir würden uns freuen, wenn viele Dorfbewohner von Mattstetten diese Gelegenheit nutzen würden und freuen uns auf viele bekannte und neue Gesichter.
Regina Wermelinger-Meyer